Therapieprinzipien

Die Therapie im NVNR-N verfolgt im Wesentlichen folgende Ziele:
Schlaganfälle werden meist durch plötzliche Verschlüsse von Hirngefäßen verursacht, die von Blutgerinnseln aus dem Herzen oder aus einer verengten Schlagader hervorgerufen werden. Eine intravenöse Thrombolyse-Behandlung mit Gerinnsel-auflösenden Medikamenten ist in der Regel nur in den ersten Stunden nach Beginn der Symptome möglich. In der Neuroradiologie im Klinikum Vest können bei geeigneten Patienten alle gängigen Methoden zur Wiedereröffnung von akut verschlossenen Blutgefäßen (mechanische Thrombektomie) und zur Erweiterung verengter Blutgefäße (Stent-Angioplastie) zum Einsatz kommen. Auf diese Weise kann das Hirngewebe rasch wieder durchblutet und ein Hirninfarkt bei rechtzeitigem Therapiebeginn und günstigem Verlauf verhindert werden. Alle Kliniken des NVNR-N nutzen rund um die Uhr die Möglichkeit, bedürftige Patienten als Notfall umgehend zur neuroradiologischen Behandlung in das koordinierende Zentrum des Netzwerks zu verlegen.

Bei schweren Schlaganfällen kann eine Behandlung auf der Intensivstation notwendig sein. Im Fall einer fortschreitenden Hirnschwellung kann durch die Neurochirurgie eine operative Druckentlastung des Schädelinneren durch eine Teilentfernung des Schädelknochens durchgeführt werden (dekompressive Kraniektomie).

Die Behandlung auf einer Stroke Unit hat das Ziel, das Ausmaß der akuten Hirnschädigung infolge eines Schlaganfalls möglichst gering zu halten (Neurologische Komplexbehandlung). Noch während der Akutbehandlung erfolgen bereits erste Rehabilitationsmaßnahmen zur Wiedererlangung von Funktionen und Fertigkeiten, insbesondere eine Frühmobilisation (Physiotherapie, Ergotherapie) sowie ein Schluck- und Sprachtraining (Logopädie). Im Anschluss wird bei vielen Patienten die in einer neurologischen Rehabilitationsklinik weitergeführt. Die Behandlung auf der Stroke Unit ist an allen Netzwerkstandorten verfügbar. Wenn möglich, werden die Patienten nach Abschluss der Akut-Intervention im Klinikum Vest so schnell wie möglich wieder in die zuweisende heimatnahe Klinik zurückverlegt.
Die Arteriosklerose ist die häufigste Erkrankung der Hirngefäße. Die wesentlichen Risikofaktoren sind vor allem Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Übergewicht, Rauchen und erhöhte Blutfettwerte. Die frühzeitige optimale Behandlung dieser Risiken bietet die Chance, arteriosklerotische Gefäßschäden und damit weitere Schlaganfälle zu verhindern. Dazu stehen auch Medikamente zur Vorbeugung von Durchblutungsstörungen im Gehirn zur Verfügung (u.a. Thrombozytenfunktionshemmer, Antikoagulanzien, Statine). Für jeden Patienten ist individuell die beste Behandlungsstrategie zur Verhinderung weiterer Schlaganfälle festzulegen.

Eine hochgradige Gefäßverengung (Stenose) ist meist mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko verbunden. Eine Beseitigung der Stenose mit einer Gefäßoperation (Thrombendarteriektomie durch die Gefäßchirurgie) oder mit Einsetzen einer Gefäßstütze (Stent-Angioplastie durch die Neuroradiologie) ist dann häufig sinnvoll. Wir beraten Sie, ob eine rein medikamentöse Behandlung, eine offene Gefäßoperation oder eine endovaskuläre Katheterbehandlung mit einem Stent im individuellen Fall anzuraten ist.

Schlaganfallsymptome können auch durch Blutungen im Schädelinneren ausgelöst werden. Diese entstehen oft bei chronisch erhöhtem Blutdruck, seltener auch durch Gefäßfehlbildungen, Gefäßaussackungen (Aneurysma) bei Hirnvenenthrombosen oder anderen selteneren Ursachen. Eine unmittelbare Operation zur Entfernung der Hirnblutung kann bei erhöhtem Hirndruck lebensrettend sein. Oft ist eine rasche Angiographie zur Suche nach einer Gefäßfehlbildung bzw. zur Beurteilung eines Aneurysmas notwendig. Aufgrund des hohen Risikos einer erneuten Blutung ist die rasche Beseitigung eines Aneurysmas bei Subarachnoidalblutung (SAB) vordringlich. Die Kollegen der Neurochirurgie und Neuroradiologie entscheiden gemeinsam, ob eine Katheter-Behandlung mit endovaskulärem Coiling (Verschluss der Aussackung von Innen durch Platinspiralen) oder ein offener neurochirurgischer Verschluss (Clipping) des Aneurysmas von außen bevorzugt werden sollte. Nach Aneurysma-Ausschaltung erfolgt eine Behandlung auf der Intensivstation mit dem Ziel, mögliche Komplikationen der SAB frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Am häufigsten kommen dabei Drainagen bei Abflussbehinderungen des Nervenwassers und Maßnahmen zur Verhütung und Behandlung von Gefäßspasmen zum Einsatz.

Nicht selten werden Gefäßmissbildungen des Gehirns auch zufällig bei einer CT- oder MRT-Untersuchung des Gehirns entdeckt, ohne dass diese eindeutige , für den Patienten bemerkbare Symptome verursachen. Immer ist sorgfältig zu prüfen, ob Nutzen und Risiko einer operativen Beseitigung in einem günstigen Verhältnis stehen. Aneurysmen im Gehirn können durch eine offene neurochirurgische Operation (Clipping) oder durch eine neuroradiologische Katheter-Behandlung vom Gefäßinneren (Coiling) ausgeschaltet werden. Gefäßfehlbildungen mit hohem Blutungsrisiko können ebenso operativ, mittels Katheter-Eingriff oder mit einer Kombination aus beiden Verfahren behandelt werden.


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